Repräsentative Umfrage zeigt wachsende Existenzängste und hohe Zustimmung zu Vermögens- und Übergewinnsteuer
Große Mehrheit für Investitionen in Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kitas
Berlin (ots)
In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung sprachen sich fast drei Viertel der Befragten (73 Prozent) für die Einführung einer Vermögenssteuer aus (26 Prozent sind dagegen). Zudem befürworten mit 85 Prozent aller Befragten deutlich mehr Menschen die Einführung einer Übergewinnsteuer (12 Prozent sind dagegen). Zum Vergleich: Im August 2022 unterstützen 72 Prozent eine entsprechende Frage und 21 Prozent waren dagegen.
Dem Vorhaben, mit zusätzlichen Kreditaufnahmen vonseiten des Staates höhere Sozialleistungen und Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge zu ermöglichen, stimmten 52 Prozent der Befragten zu (44 Prozent sind dagegen). Nach den Prioritäten gefragt, wohin die zusätzlichen Steuermittel fließen sollen, werden an erster Stelle Investitionen in Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kitas sowie deren Ausstattung mit ausreichend Personal genannt (jeweils 99 Prozent Zustimmung). Auf Platz Zwei folgen bezahlbarer Wohnraum, mehr Sozialwohnungen sowie der Ausbau des öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs (jeweils 94 Prozent Zustimmung). Auf dem dritten Platz findet sich vergünstigter Bezug von Energie zur Abdeckung des Grundbedarfs von Privathaushalten (89 Prozent Zustimmung), gefolgt vom schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien (87 Prozent Zustimmung).
Dass die Daseinsvorsorge in Form der Bereitstellung von Krankenhäusern, der Wasser- oder Energieversorgung nicht von privaten Unternehmen übernommen werden soll, sondern eine Aufgabe der öffentlichen Hand ist, dem stimmen 85 Prozent aller Befragten zu. Nur 12 Prozent sind anderer Meinung.
"Die Regierung gibt zwar erhebliche Summen zur Abfederung der Krisen aus, aber die Maßnahmen haben eine deutliche verteilungspolitische Schieflage, denn: Nur ein geringerer Teil der Mittel erreicht jene Menschen, die am stärksten von den steigenden Preisen für Energie, Lebensmittel, Miete und anderen Alltagskosten betroffen sind. Es ist skandalös, dass Arme und lohnabhängig Beschäftigte faktisch ihre Entlastung aus eigener Tasche bezahlen müssen", sagt Daniela Trochowski, Geschäftsführerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Vor allem aber beschränkten sich die aus dem Sondervermögen finanzierten Maßnahmen auf kurzfristige Hilfen. "Notwendige Investitionen und eine nachhaltige Finanzierung der sozialen Infrastrukturen oder öffentlichen Daseinsvorsorge werden darüber nicht vorgenommen."
Die Einschätzung der eigenen finanziellen Situation lässt angesichts von Inflation und Energiepreiskrise ebenfalls aufhorchen: Mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) muss sich nach eigener Einschätzung aufgrund der stark gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel bereits jetzt finanziell stark einschränken, im Osten Deutschlands sind es sogar 58 Prozent. Rund 15 Prozent der Befragten sehen sich als von Armut betroffen, davon deutlich mehr im Osten (27 Prozent) als im Westen (12 Prozent) der Republik sowie mehr Frauen (17 Prozent) als Männer (13 Prozent).
Während die Mehrheit der Bevölkerung die Notwendigkeit erkennt, höhere Einnahmen zu generieren, um sie für eine resiliente Daseinsvorsorge, also Investitionen in Krankenhäuser, Schulen, bezahlbaren Wohnraum zu nutzen, werden solche nachhaltigen Maßnahmen seit Jahren ignoriert und auf die lange Bank geschoben. Der Personalmangel in Krankenhäusern, der Altenpflege, in Schulen und Kitas ist ein seit langem debattiertes Problem. Ebenso mangelnder bezahlbarer Wohnraum und die dramatisch sinkende Zahl an verfügbaren Sozialwohnungen. Die Investitionen und die nachhaltige Finanzierung bleiben weit hinter den Bedarfen zurück.
Das Meinungsforschungsinstitut Kantar (ehemals Emnid) führte im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung zwischen dem 12. und 15. Dezember 2022 eine repräsentative Umfrage zum Thema Armut, Umverteilung und Steuern in Form von computergestützten telefonischen Interviews über Festnetz und Mobilfunk (CATI = Computer Assisted Telephone Interviewing) durch. Befragt wurden 1.009 Personen in Ost- und Westdeutschland. Die Auswertung der von Kantar erhobenen Daten erfolgte durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Die Broschüre ist hier abrufbar.
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