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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Deutsche Umwelthilfe fordert Moratorium für Müllimporte nach Sachsen

Berlin (ots)

Dresdner Umweltminister Roland Wöller (CDU)
verweigert Aufklärung über Abfallströme und gefährliche Stoffe - 
Verbleib der aus Italien zur Müllerverarbeitung in Cröbern 
importierten Abfälle wird nicht kontrolliert - Unabhängige Gutachter 
sollen angebliche Zwischenlager untersuchen - Behandlung gefährlicher
Abfälle in der Verwertungsanlage in Pohritzsch im Zwielicht
Die Müllentsorgung in Sachsen bleibt auch zwei Monate nach dem 
Beginn der Diskussion über obskure Abfallströme, unsachgemäße 
Zwischenlagerung sowie umwelt- und gesundheitsgefährdende 
Staubemissionen im Zwielicht. Die zuständigen Behörden mauern bei der
Aufklärung, verzichten weitgehend auf Kontrollen und gestehen 
Missstände nur ein, wenn sie zuvor von Umweltaktivisten, Opposition 
oder den Medien zweifelsfrei - zum Beispiel in Form von 
Fotodokumentationen - belegt wurden. Darauf hat die Deutsche 
Umwelthilfe e. V. (DUH) hingewiesen und gleichzeitig ein 
Import-Moratorium für gemischte Siedlungsabfälle aus Italien in 
solche Bundesländer gefordert, die eine lückenlose Kontrolle der 
Abfallströme und Verwertung solcher Müllimporte nicht nachweisen 
können.
"Die regional zuständigen Behörden und das Umweltministerium in 
Dresden werfen Nebelkerzen, flüchten sich in Notlügen und schrecken 
im Einzelfall auch vor klaren Fehlinformationen nicht zurück", 
erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Insbesondere zwei 
Fälle aus dem Raum Leipzig Halle beschäftigen derzeit die 
Umweltorganisation - die Zustände in der Verwertungsanlage der Firma 
S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH in Pohritzsch und die 
Abfallströme in und aus der mechanisch-biologischen 
Abfallbehandlungsanlage (MBA) in Cröbern.
In der Verwertungsanlage in Pohritzsch wird nach Unterlagen, die 
der DUH vorliegen, gefährlicher Müll behandelt, unter anderem Aschen 
aus Verbrennungsanlagen und Abfälle, die auch Schwermetalle 
beinhalten. Mitarbeiter der DUH hatten im Rahmen einer Besichtigung 
der Umgebung der Pohritzscher Abfallbehandlungsanlage im Februar eine
massive Staubbelastung festgestellt. Die Umweltorganisation hat in 
der Folge das Regierungspräsidium Leipzig auf die daraus entstehenden
potenziellen Gefahren für die Anwohner hingewiesen und um 
einschlägige Probennahme in der Abfallbehandlungsanlage und in ihrer 
Umgebung gebeten. Dies wurde vom Regierungspräsidium mit der 
Begründung abgelehnt, dass die von der Firma behandelten Materialien 
nicht stauben könnten. In der Antwort auf eine kleine Anfrage der 
Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 17. März 2008 behauptete auch der 
sächsische Umweltminister Roland Wöller, dass bei Kontrollen in 
Pohritzsch "keine auffälligen Staubbelastungen" festgestellt worden 
seien und es folglich für eine Staubprobennahme in der Umgebung 
"keine Veranlassung" gegeben habe.
Doch diese und weitere zentrale Auskünfte des Regierungspräsidiums
und des Umweltministers sind nachweislich falsch. DUH-Mitarbeiter 
konnten die Staubbelastung anhand einer Fotodokumentation belegen, 
die die Umweltorganisation am 18. März 2008 an Minister Wöller 
sandte, verbunden mit der wiederholten Bitte um Probennahmen vor Ort.
"In Pohritzsch wird problematischer Abfall behandelt, es staubt 
nachweislich aus der Anlage in die Umgebung. In einer solchen 
Situation, bei der es um mögliche Gefahren für die Anwohner geht, 
müssen alle Karten auf den Tisch. Entgegen den Aussagen des 
Regierungspräsidiums Leipzig und des Umweltministers zeigen unsere 
Aufnahmen klar und deutlich, dass das von der S.D.R Biotec behandelte
Material Staub absondert. Die Verweigerung der zuständigen 
Kontrollbehörde, Proben in der Anlage und ihrer Umgebung sowie in der
Kanalisation zu nehmen, ist nicht hinnehmbar", kritisierte Resch. Im 
Umweltausschuss des Landtags setzte sich die Aufklärungsblockade am 
vergangenen Montag (31. März) fort. Die Ausschussvorsitzende Uta 
Windisch (CDU) ließ in der Ausschusssitzung Fragen zur 
Abfallbehandlungsanlage in Pohritzsch erst gar nicht zu.
Derweil hält der Import von Hausabfällen aus der italienischen 
Müllnotstandsregion Kampanien unvermindert an. In der vorletzten 
Woche genehmigte das Regierungspräsidium Dresden die Einfuhr weiterer
35.000 Tonnen gemischter Siedlungsabfälle bis 20. Mai 2008. Im 
Genehmigungsbescheid wird als Bedingung vorgegeben, dass die in der 
MBA Cröbern sortierte sogenannte heizwertreiche Abfallfraktion 
"unverzüglich und ohne Zwischenlagerung einer thermischen Verwertung 
zugeführt" werden müsse. "Umweltschutz auf dem Papier reicht aber 
nicht", mahnte Resch und bezog sich dabei auf eine Aussage des 
sächsischen Umweltministeriums, wonach eine Kontrolle der weiteren 
Verwertung der heizwertreichen Fraktion bei der (zu 55 Prozent 
kommunalen) Kreiswerke Delitzsch GmbH unüblich sei. Die Kontrolle, so
das Argument des Ministeriums, würde in die Angelegenheiten der 
Ausübung von privaten Geschäften eingreifen. "Einem Unternehmen, das 
in den vergangenen Monaten nachweislich systematisch gegen 
Genehmigungsauflagen verstoßen und statt einer ordnungsgemäßen 
Verwertung eine endlagerähnliche Zwischenlagerung praktiziert hat, 
einen solchen Persilschein auszustellen, ist inakzeptabel. Wir 
fordern einen sofortigen Importstopp von gemischten Siedlungsabfällen
in alle Bundesländer, bis lückenlos geklärt ist, welchen Weg diese 
Abfälle und ihre Nachfolgeprodukte in Deutschland nehmen", so Resch. 
Seit Juli 2007 können die zuständigen Länderbehörden Importe von 
gemischten Siedlungsabfällen auf Basis neuen europäischen und 
deutschen Abfallverbringungsrechts ohne Angabe weiterer Gründe 
unterbinden.
Bereits Ende Januar hatte die DUH die unhaltbaren Zustände auf 
einer von den Kreiswerken Delitzsch betriebenen Deponie im 
sächsischen Spröda anhand von Fotos dokumentiert. Dort waren in 
großer Zahl ursprünglich "ballierte" aber zwischenzeitlich völlig 
zerstörte Ballen mit heizwertreichem Material klar zu sehen. Am Tag 
nach der Veröffentlichung hatte das sächsische Umweltministerium 
gegenüber Journalisten zunächst bestritten, dass die Bilder überhaupt
von der Deponie in Spröda stammten und darüber hinaus wahrheitswidrig
behauptet, die DUH habe dies eingestanden und die Bilder 
zurückgezogen. Die DUH wurde sogar vom Ministerium schriftlich 
aufgefordert "den Freistaat Sachsen nicht aus der Ferne zu 
diffamieren". Noch am selben Tag forderte jedoch das 
Regierungspräsidium Leipzig den sofortigen Abtransport der 
beschädigten Ballen aus dem Zwischenlager Spröda und die 
anschließende Verwertung. "Wenige Stunden nach der Verbreitung 
offensichtlicher Falschinformationen durch das sächsische 
Umweltministerium wurde der Abtransport angeblich gar nicht 
existierender Abfälle veranlasst", sagte Maria Elander, die 
Projektleiterin Kreislaufwirtschaft der DUH. Es schäle sich ein 
Muster heraus, wonach in Sachsen nur zugegeben werde, was 
zweifelsfrei dokumentarisch belegt sei. Gleichzeitig verzichteten die
Behörden hartnäckig auf Kontrollen, konkreten Hinweisen auf 
Missstände werde nicht nachgegangen. Sie würden sogar ohne 
Nachprüfung pauschal bestritten.
Die aus Italien zur Behandlung in die MBA in Cröbern verschobenen 
gemischten Siedlungsabfälle werden dort gemeinsam mit anderen 
Restabfällen verarbeitet. Für die Verwertung der daraus anfallenden 
heizwertreichen Fraktion sind die Kreiswerke Delitzsch zuständig. Auf
Anfrage der DUH hat das sächsische Umweltministerium mitgeteilt, dass
diese Abfälle energetisch in verschiedenen Anlagen in Sachsen-Anhalt 
verwertet werden und wurden. Nach Auskunft der Kreiswerke wurden im 
Jahr 2007 insgesamt 26.986 Tonnen der heizwertreichen Fraktion 
energetisch verwertet. Diese Zahl entspricht nach Informationen der 
DUH jedoch nicht einmal einem Viertel der mutmaßlich angefallenen 
Menge. Der Rest - etwa drei Viertel der 2007 aus Cröbern stammenden 
Menge herzwertreicher Fraktion - wurde in die in anderen Deponien 
angelegten sogenannten Zwischenlager verbracht. "Bundesländer, die 
Müll aus halb Europa nach Sachsen importieren, müssen dann wenigstens
lückenlos belegen, wo und wie die Abfälle schadlos behandelt und 
verwertet werden. Alles andere ist unzumutbar für Anwohner und 
Bürger", schloss Elander.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e.V., Bundesgeschäftsführer,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 3 64 91 70,
E-Mail: resch@duh.de

Maria Elander, Deutsche Umwelthilfe e.V., Projektleiterin
Kreislaufwirtschaft, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin,
Tel.: 030 24 00 867-41, Fax: 030 24 00 867-19,
Mobil: 0160 533 73 76, E-Mail: elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Deutsche Umwelthilfe e.V., Leiter Politik&Presse,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 566 05 77,
E-Mail: rosenkranz@duh.de

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