Bundesregierung blockiert Klimagas-Grenzwert für leichte Nutzfahrzeuge
Berlin (ots)
Fortsetzung einer Tradition: Erneut steht die Bundesregierung beim EU-Klimaschutz im Interesse der Automobilindustrie auf der Bremse - 1997 scheiterte eine EU-weite Begrenzung der Klimagasemissionen für Pkw an der damaligen Umweltministerin Angela Merkel, 2007 an der Bundeskanzlerin Merkel und 2010 verhindert die Autokanzlerin Merkel erneut die notwendige Begrenzung von Spritverbrauch und CO2-Emissionen bei leichten Nutzfahrzeugen - DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: "Wie beim Atomausstieg vertritt Merkel die Interessen großer Konzerne"
Deutschland blockiert erneut die Festlegung eines ambitionierten CO2-Grenzwerts auf europäischer Ebene - diesmal für leichte Nutzfahrzeuge. Bundeskanzlerin Angela Merkel sperrt sich bisher gegen eine mögliche EU-Entscheidung für ein Langfristziel von deutlich unter 155 g CO2/km und droht mit Blockade im Europäischen Rat. "Wenn es um industriepolitische Interessen geht, können sich die deutschen Automobilhersteller darauf verlassen, dass die Bundesregierung ihnen den Weg frei räumt. Das schadet in diesem Fall nicht nur dem Klima, sondern verlängert auch die Bedrohung der Bürgerinnen und Bürger durch übermotorisierte Renn-Transporter in die Zukunft, die mit Tempo 200 über deutsche Autobahnen brettern", sagt der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Jürgen Resch.
Der federführende Umweltausschuss des europäischen Parlaments hatte bereits im September auch aufgrund des massiven Drucks von Seiten der Industrielobby den Grenzwertvorschlag der Kommission von 135 g CO2/km für 2020 abgeschwächt und ein Langfristziel von 140 g CO2/km beschlossen. Doch selbst dieser wenig ambitionierte Wert geht der deutschen Automobilindustrie zu weit. Wie bereits vor drei Jahren bei den Grenzwerten für Pkw soll nun die Kanzlerin für besonders günstig zu produzierende Nutzfahrzeugmotoren in die Bresche springen, die leider auch überdurchschnittlich viel Sprit verbrauchen. Dazu werden jetzt die anderen EU-Länder massiv gedrängt, das Langfristziel weiter anzuheben. Andernfalls droht die Bundesregierung mit Blockade im Europäischen Rat. Ein Zielwert von 155 g CO2/km käme einem Freibrief für die Hersteller gleich, weiterzumachen wie bisher, da ihn bereits heute zahlreiche Fahrzeuge auch deutscher Hersteller unterschreiten.
Leichte Nutzfahrzeuge werden vor allem von Handwerkern und Transportdienstleistern genutzt. Für sie ist ein niedriger Spritverbrauch wegen der in der Regel enormen Jahreslaufleistung der Transporter bei der Kaufentscheidung besonders wichtig. Die Entlastung des Klimas und des eigenen Geldbeutels gehen Hand in Hand.
Eine Vielzahl der bereits im Pkw-Bereich eingesetzten Reduktionsmaßnahmen wie Start-Stopp-Automatik, Motor-Downsizing, Direktschaltgetriebe, Hybridtechnologie, Hochdruckeinspritzung, verbesserte Aerodynamik können nach Überzeugung der DUH problemlos auch bei leichten Nutzfahrzeugen zur Emissionsreduktion eingesetzt werden. Wegen der im Pkw-Bereich eingeführten und schon bewährten Einspartechniken können Hersteller wie VW oder Mercedes den von der EU-Kommission für 2020 vorgeschlagenen Grenzwert von 135 g CO2/km binnen weniger Jahre erreichen. Zuletzt zeigten das die bei Nutzfahrzeuge IAA im September 2010 ausgestellten Fahrzeuge "Trotz dieser Fakten behauptet der VDA wahrheitswidrig, dass die im Umweltausschuss des EU-Parlaments bereits abgeschwächten Ziele unrealistisch seien", kritisiert Resch. "Vor drei Jahren sind die Parlamentarier bei der Festlegung von CO2-Grenzwerten für PKW den gleichen fadenscheinigen Argumenten des VDA und der von ihm vertretenen Autobauer VW, Daimler, BMW, Ford und Opel auf den Leim gegangen. In der Folge haben uns die japanischen aber auch italienischen und französischen Autobauer bei der Reduktion von Spritverbrauch und CO2-Emissionen gezeigt wie es geht". Resch rief die Parlamentarier dazu auf denselben Fehler nicht noch einmal zu machen.
Besonders ärgerlich sei die Debatte über die Verbrauchszielwerte bei leichten Nutzfahrzeugen mit Blick auf die bevorstehende Weltklimakonferenz im mexikanischen Cancun. Die Bundesregierung geriere sich immer noch als Antreiber im globalen Klimaschutz und blockiere regelmäßig alle Bemühungen, wenn Klimaschutz im Automobilbereich konkret werde. "Diese Politik setzt nicht nur unsere Technologieführerschaft aufs Spiel, sie blamiert Deutschland auch vor der Weltöffentlichkeit, so Resch.
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