Der Tagesspiegel: Koch will Reiche stärker belasten
Berlin (ots)
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) will nach einem Wahlsieg Reiche stärker in die Steuerverantwortung nehmen. Wer relativ viel Abschreibungsmodelle und steuerliche Ausnahmen in Anspruch genommen habe, der werde das nicht mehr in diesem Umfang haben, sagte Koch dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag": "Ganz klar: Leute, die bei sichtbar hohem Einkommen kaum Steuern gezahlt haben und sich damit sogar noch brüsten, das wird es künftig nicht mehr geben. Wer mehr verdient, soll auch zum Sozialausgleich etwas beitragen." Als Beispiel nannte Koch die Gesundheitsreformpläne der CDU: "Unternehmer und Sekretärin zahlen zwar die gleiche Prämie, weil sie auch die gleiche Grundleistung bekommen. Aber der Unternehmer soll über seine höhere Steuer den Sozialausgleich innerhalb des Gesundheitssystems mitfinanzieren."
Laut Koch wird eine unionsgeführte Bundesregierung nach einem Wahlsieg im September die Gesundheitsreform noch in der ersten Hälfte der Legislaturperiode, also vor Ende 2007, auf den Weg bringen. Im Herbst werde zunächst ein großes Paket an Arbeitsmarktreformen umgesetzt. Der zweite Schritt werde dann die Steuerreform sein. "Hier kann man jetzt noch nicht seriös sagen, ob das 2007 oder 2008 wirksam werden kann", sagte Koch. Im dritten Schritt solle dann die Sozialreform angegangen werden. Die Steuerreform wird nach den Worten Kochs nicht zu schnellen Entlastungen der Bürger führen: "Es ist richtig, dass in der ersten Stufe der Einkommensteuerreform die Vereinfachung des Systems - also weniger steuerliche Ausnahmen - der Realentlastung vorangeht. Das wird uns sicher anstrengen, denn viele Leute werden dabei auch den Abbau von Vergünstigungen verkraften müssen."
Koch äußerte die Erwartung, dass die stufenweise Streichung der Steuerfreiheit für Nacht- und Wochenendzuschläge durch die Arbeitgeber ausgeglichen wird. "Wir wollen ja nicht der Krankenschwester das Geld wegnehmen, sondern den Arbeitgebern vorsichtig mitteilen, dass sie, wenn sie zu ungewöhnlichen Zeiten Arbeitskraft in Anspruch nehmen, dafür eben auch ungewöhnliche Löhne zahlen müssen."
Zur Arbeitsmarktreform gehörten auch die betrieblichen Bündnisse für Arbeit. Dass diese bei Gewerkschaften wie Arbeitgeberverbänden auf Ablehnung stoßen, kommentierte Koch mit den Worten: "Wenn man den Sumpf trockenlegen will, darf man nicht die Frösche fragen." Er forderte Gewerkschaften wie Arbeiteber auf, sich neu aufzustellen. Er betonte, dass die Union zulassen wolle, dass auf Betriebsebene Tarifregeln einschließlich der Gehälter geändert werden können. "Das Rollenverständnis von Gewerkschaften wie Arbeitgeberverbänden muss sich ändern", sagte Koch. "Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass sie in einer sich schnell verändernden Welt nicht das Recht haben können, es einer Schicksalsgemeinschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in einem konkreten Betrieb zu verwehren, sich am eigenen Schopf aus der Krise zu ziehen oder eine neue Chance in der Welt wahrzunehmen - nur weil irgendwo ein Gewerkschafts- oder Verbandsfunktionär etwas dagegen hat."
Der hessische Ministerpräsident glaubt, dass weder Bundespräsident Horst Köhler noch das Bundesverfassungsgericht sich einer Auflösung des Bundestags nach der Vertrauensabstimmung am Freitag widersetzen werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder habe keine Mehrheit mehr. "Wir haben eine schwierige Verfassungslage, wenn Parteien handlungsunfähig werden", sagte Koch. Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Bundestagsauflösung sagte er: "Wenn man solch enge Grenzen hat, wie sie die Verfassung setzt, dann sollte man sie auch so interpretieren, dass das politische System handlungsfähig bleibt. Würde Rot-Grün gezwungen, sich noch ein Jahr über Wasser zu halten, dann wäre das eine Katastrophe für Deutschland."
Koch bekräftige, auch nach einem Wahlsieg seiner Partei in Hessen bleiben zu wollen. "Meine Einschätzung ist, dass man seine Zusagen einhält. Und ich habe in Hessen Zusagen gemacht, also bleibe ich hier. In Hessen haben sich die Menschen an die Verlässlichkeit meiner Ankündigungen gewöhnt. Wenn ich ja sage, sage ich ja, wenn nein, dann nein. Das scheint nach sieben Jahren rot-grüner Beliebigkeit für Berliner Journalisten ungewöhnlich zu sein."
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