Börsen-Zeitung: HVB-Visitenkarte hat Flecken, Kommentar zum letzten Zwischenbericht der HVB vor der Übernahme durch Unicredit von Michael Flämig
Frankfurt (ots)
Der Quartalsbericht der HypoVereinsbank gehört in den Papierkorb. Dieser Meinung zumindest ist der Kapitalmarkt. Der Kurs der Aktie reagierte gestern überhaupt nicht auf die neuen Zahlen. Die zwischenzeitlichen Gerüchte, der italienische Notenbankpräsident könnte zurücktreten und damit der Wettbewerb auf dem italienischen Bankenmarkt zunehmen, hatten auf das HVB-Papier einen größeren Einfluss als die operative Performance der Bank. Denn das Papier ist unmittelbar an die Unicredit-Aktie gekoppelt und vollzieht deren Bewegungen im Parallelschwung nach.Auch die Tatsache, dass die HVB die Analystenerwartungen traf, limitierte die Reaktion der Märkte.
Der Halbjahresbericht besitzt für die geplante Übernahme durch Unicredit trotzdem eine besondere Bedeutung. Das Zahlenwerk ist die Visitenkarte, mit der sich die Bank bei den Unicredit-Aktionären vorstellt. Die Anteilseigner stimmen Ende dieser Woche über den Kauf ab. Sie werden auf dem Treffen in Genua vor allem eine Interpretation hören: Die HVB ist auf dem besten Weg, ihre Ziele 2005 zu erreichen. Dies ist richtig, gibt die Visitenkarte aber rudimentär wieder. Bei genauerer Betrachtung sind hässliche Flecken zu erkennen.
Die auffälligste Verunreinigung ist die Risikovorsorge. Der Vorstand musste den Planwert für das Geschäftsfeld Deutschland um fast ein Fünftel anheben. Tauchen nun neue schwarze Löcher auf, über die außerhalb der Bank seit Monaten orakelt wird? Diese Schlussfolgerung wäre übertrieben, denn es handelt sich um eine schrittweise Verschlechterung der Bonität von Privatkunden. Doch dieser schleichende Prozess ist ebenfalls erschreckend. Er zeigt die Anfälligkeit der Bank, auch nach der Absicherung von 15 Mrd. Euro notleidenden Krediten durch eine milliardenschwere Sondervorsorge. Das Immobilienportfolio bleibt eine Bedrohung, die bei einer Verschlechterung der Konjunktur vom Risiko zur Gefahr wird. Das Unicredit-Management wird dies mit Unruhe sehen, auch wenn die HVB die Erhöhung bisher durch Umschichtungen neutralisieren konnte.
Der zweite Flecken ist die Wette auf das Handelsergebnis. Der Vorstand will im Gesamtjahr weiterhin 1 Mrd. Euro einfahren. Damit müssen in den nächsten zwei Quartalen jeweils gut 60% mehr erwirtschaftet werden als im Schnitt der vergangenen fünf Quartale. Das HVB-Management zeigt Chuzpe.
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