Rheinische Post: KOMMENTAR Die Asylwende ist da
Düsseldorf (ots)
Von Eva Quadbeck
In CDU und CSU ist in dieser schweren Regierungskrise immer die Rede davon, es müsse verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden. Ja, wohl wahr. Nur: Dieses verlorene Vertrauen bekommt man nicht zurück, indem man aus einer strittigen Sachfrage eine Regierungskrise macht, die das ganze Land in Unruhe versetzt. Verloren gegangenes Vertrauen bekommt man auch nicht zurück, indem gewählte Politiker den Eindruck erwecken, es gehe gar nicht um die Sache, sondern um Rechthaben, um alte Rechnungen und um Rechtbehalten.
Wie soll der Bürger denn glauben, dass eine solche Regierung den Zuzug von Flüchtlingen ordnen und begrenzen kann, wenn sie noch nicht einmal ihre eigenen Streitereien ordnen und begrenzen kann? CDU und CSU haben in einem Manöver des letzten Augenblicks vor dem großen Knall eine Einigung gefunden. Dass der Kompromiss dieses Mal für längere Zeit für geräuschlose Regierungsarbeit sorgt, ist äußerst zweifelhaft. Die gegenseitigen Verletzungen und die persönliche Abneigung von Merkel und Seehofer sitzen zu tief, als dass eine Rückkehr zum routinierten Alltag so einfach möglich wäre.
Den Konflikt auf die Spitze getrieben hat die CSU in der fast rauschhaften Vorstellung, mit immer neuen Forderungen zu einer härteren Asylpolitik und nationalen Alleingängen ließe sich in Bayern die absolute Mehrheit erringen und die AfD in die Schranken weisen. Wie die von Tag zu Tag sinkenden Umfragewerte der CSU zeigen, ist das Gegenteil richtig. Zudem schwang im Vorgehen der CSU eine "Merkel muss weg"-Attitüde mit. Damit haben die Christsozialen die Reihen ihrer Schwesterpartei fest geschlossen. Merkel hat dieses brachiale Auftreten der CSU möglicherweise ihr Amt gerettet.
Die Kanzlerin zahlt aber einen hohen Preis. In dem Einigungspapier kommt zwar noch der Hinweis vor, man werde nicht unabgestimmt handeln. Aber diese Formulierung ist ein Feigenblatt. Der restliche Kompromiss ist CSU pur. Es wird zu Zurückweisungen an der Grenze kommen. Zusammen mit Seehofers Masterplan hat die Union die Kehrtwende von einer liberalen hin zu einer sehr restriktiven Flüchtlingspolitik endgültig beschlossen. Ein strahlender Sieger ist der Innenminister dennoch nicht. Mit seiner Rücktrittsankündigung hat er sich als Regierungsmitglied selbst herabgesetzt. Nun ist er beschädigt wie die Kanzlerin auch. Als CSU-Chef ist er ohnehin angezählt.
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