Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS)
Stellungnahme der deutschen Bausparkassen zum Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2004 für die öffentliche Anhörung des Deutschen Bundestages am 8. Oktober 2003
Berlin (ots)
Die deutschen Bausparkassen lehnen die im Gesetzentwurf vorgesehene Beseitigung der Wohnungsbauprämie ebenso ab wie die Streichung der Eigenheimzulage zum 1.1.2004. Beide Maßnahmen führen zu massiven, einschneidenden Benachteiligungen potenzieller Wohneigentümer im Vergleich zu Mietern, die durch nichts zu rechtfertigen sind. Außerdem würde das selbstgenutzte Wohneigentum - die unbestreitbar wichtigste Form der privaten Vermögensbildung und Altersvorsorge - ausgerechnet in einer Phase entscheidend geschwächt, in der sie aufgrund der demografischen Entwicklung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Das gilt in ganz besonderer Weise für weniger einkommensstarke Haushalte, die von den bewährten Instrumenten der Wohneigentums- und Wohnungsbauprämienförderung wegen der Einkommensgrenzen besonders gut erfasst werden.
Wir verschließen uns dabei keineswegs Vorschlägen, die bei der Eigenheimzulage gewisse Einsparungen für die öffentlichen Haushalte beinhalten und in Verbindung mit entsprechenden Korrekturen bei der steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus eine Gleichbehandlung von Wohnen im selbstgenutzten Eigentum und Wohnen zur Miete vorsehen. In diesem Sinne haben die Bausparkassen auch eine Modifizierung der Eigenheimzulage unterstützt, wie sie in dem Vorschlag der "Initiative Wohneigentum" ihren Niederschlag gefunden hat und die - ähnlich wie der Vorschlag der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück - zu Minderausgaben in der Größenordnung von 12 % führen.
Als generelle Linie muss jedoch gelten: Je mehr der Staat auf Einsparungen in den öffentlichen Haushalten und damit zugleich auf entsprechend verstärktes privates Engagement bei der Zukunftsvorsorge angewiesen ist, desto wichtiger sind effiziente Instrumente zur Unterstützung der Vermögensbildung und Altersvorsorge durch breite Bevölkerungsschichten, die ohne diese Hilfe keine ausreichende eigene Vorsorge betreiben würden.
Nach Auffassung der Bausparkassen können daher keine Kürzungen bei der Wohnungsbauprämie in Betracht kommen. Mit den Regierungsvorschlägen würde ein jahrzehntelang erfolgreiches und mit einem vergleichsweise sehr bescheidenen öffentlichen Mitteleinsatz verbundenes Instrument zur langfristigen, sachwertgesicherten Vermögensbildung entfallen. Durch die Wohnungsbauprämie, die im übrigen nicht auf das Bausparen beschränkt ist, sondern auch andere wohnungswirtschaftlich genutzte Anlageformen umfaßt, wird beim Einzelnen in erheblichem Maße zusätzlicher Sparwille initiiert und damit die erste und sehr wichtige Phase des Vermögensbildungsprozesses eingeleitet.
Die entscheidende positive Weichenstellung findet in der Regel schon bei jungen Leuten bzw. Berufsanfängern statt. Sie lernen mit dem Bausparen frühzeitig, ihr Einkommen neben den vielfältigen Konsummöglichkeiten zumindest teilweise für einen kontinuierlichen Vermögensaufbau zu nutzen. Und sie setzen dies in der Regel auch dann fort, wenn die Förderung - etwa wegen Aufgabe oder Unterbrechung eines Arbeitsverhältnisses oder Überschreitung von Einkommensgrenzen - zeitweise oder dauerhaft endet. Außerdem bildet auch der Bausparer, dessen Vertrag zugeteilt und ins Darlehensstadium übergegangen ist, weiterhin durch seine laufenden Tilgungszahlungen Vermögen. Auf diese Weise wird ein Prozess in Gang gesetzt, der nach der Ansparphase von selbst weiterläuft, bis das vermögenspolitische Ziel "Wohneigentum" erreicht ist. Die Wohnungsbauprämie fördert so die für eine echte und langfristige Vermögensbildung auf breiter Basis unerlässliche Bereitschaft zu Eigenleistungen und zeitweiliger Konsumeinschränkung.
Die Wohnungsbauprämienförderung ist überdies in besonderer Weise sozialpolitisch ausgerichtet. Denn nur Bezieher mittlerer und niedriger Einkommen werden gefördert, während - anders als etwa bei der Altersvorsorge-Förderung - die Bezieher hoher Einkommen durch die Einkommensgrenzen ausgeschlossen bleiben. Gerade für mittlere und untere Einkommensschichten ist aber das Sparen und die Vermögensbildung angesichts begrenzter Einkommensspielräume keine Selbstverständlichkeit. Insbesondere sie bedürfen daher der staatlichen Unterstützung bei der Eigenkapitalbildung für den späteren Wohneigentumserwerb. Hinzu kommt, dass diese Einkommensgruppen nicht in der Lage wären, die laufenden Finanzierungslasten für den Erwerb von Wohneigentum zu tragen, wenn sie nicht über ausreichendes Eigenkapital verfügen.
Dies ist auch volkswirtschaftlich von Bedeutung. Die Finanzierungsstruktur von Wohneigentum mit einem relativ hohen Eigenkapitalanteil und dem kapitalmarktunabhängigen Bauspardarlehen, wie sie für Deutschland typisch ist, hat den entscheidenden Vorteil, dass diese Finanzierungen gegenüber Kapitalmarktschwankungen und Krisen an den Immobilienmärkten relativ robust sind. Insbesondere der vergleichsweise hohe Eigenkapitalanteil bietet ein gutes Polster bei wirtschaftlichen Risiken und Unsicherheiten an den Immobilienmärkten. Daraus resultiert auch eine relative kontinuierliche Entwicklung des Wohneigentumsmarktes, der in Deutschland wesentlich geringeren Schwankungen unterworfen ist als der Mietwohnungsbau und der auch im Vergleich zu anderen Ländern Europas ein hohes Maß an Stabilität aufweist.
Speziell die Bausparförderung weist eine besonders hohe Multiplikatorwirkung für die Eigenkapitalbildung auf. Um die vom Staat gewährte Wohnungsbauprämie in voller Höhe zu erhalten, muss der Bausparer ein Vielfaches dessen ansparen, was er als Prämie erhält. Bei dem derzeitigen Prämiensatz von 10 % ist mindestens die zehnfache Sparleistung erforderlich, um die Förderung auszuschöpfen. Faktisch erbringen die Bausparer sogar noch darüber hinausgehende private Sparleistungen. Auf diese Weise erhöht sich das Eigenkapital des Bausparers nicht nur um den vom Staat gezahlten Förderbetrag, sondern zusätzlich um einen Sparbetrag, den der Bausparer ohne Förderung kaum einzahlen würde. Von dieser Multiplikatorwirkung profitiert neben dem einzelnen Bausparer auch das Bausparkollektiv. Dies ist für die Wohneigentumsbildung und für die Bauwirtschaft von besonderer Bedeutung, denn auch die Bundesregierung hat in der Begründung zum Gesetzentwurf bestätigt, dass die Fördermittel tatsächlich weitgehend für die Bildung von Wohneigentum verwendet werden. Bereits im Subventionsbericht 1999 hatte die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass Mitnahmeeffekte nicht erkennbar seien, so dass die Wohnungsbauprämie ihre wohnungspolitischen Ziele erreicht.
Mit ihren Auszahlungen (im Durchschnitt der letzten 10 Jahre fast 35 Mrd. Euro pro Jahr) tragen die Bausparkassen in ganz erheblichem Maße zur Verstetigung der Baukonjunktur bei. Mit einem Marktanteil von fast 30 % (2002) sind sie derzeit die stärkste Institutsgruppe am Wohnungsfinanzierungsmarkt und haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der Einbruch in der Bauwirtschaft nicht noch drastischer ausfiel. Andere Institute haben ihr Engagement in den letzten Jahren z.T. deutlich zurückgefahren.
Die hohe Effizienz der Wohnungsbauprämienförderung wird ganz besonders deutlich im Vergleich zur Förderung der privaten Altersvorsorge, die deutlich intensiver ist und im Extremfall sogar über 100 % der eigenen privaten Sparleistungen des Arbeitnehmers ausmacht. In der Endstufe der Altersvorsorge-Förderung im Jahre 2008, die zur Zeit von keiner Seite in Frage gestellt wird, wird das Fördervolumen nach Einschätzung des Gesetzgebers eine Größenordnung von 10 Mrd. Euro erreichen - ohne dass damit mehr private Vorsorgeleistungen induziert werden als durch die Wohnungsbauprämie. Insofern sind die relativ bescheidenen Beträge für die Wohnungsbauprämie gerade für einen sparsamen Staat ausgesprochen gut angelegtes Geld. Dies gilt erst recht dann, wenn berücksichtigt wird, dass die vorgesehene Abschaffung der Wohnungsbauprämie die Bausparneigung bereits ab dem kommenden Jahr empfindlich beeinträchtigen würde, während sie in diesem Jahrzehnt noch zu überhaupt keinen Haushaltsentlastungen führen kann.
All dies macht deutlich, dass die Schaden/Nutzen-Relation für den Bundeshaushalt in keinem anderen Fall so extrem ungünstig ist wie bei einer Abschaffung der Wohnungsbauprämie.
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