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Berliner Morgenpost: Der richtige Präsident für schwierige Zeiten - Kommentar

Berlin (ots)

Es hat Zweifel gegeben. Zumindest in den
politischen Lagern. Und bei den professionellen Beobachtern dieser 
politischen Lager. Ein klein wenig auch beim Otto Normalwähler, der 
in diesen Zeiten ja wieder etwas genauer hinguckt, was die da so 
treiben in Berlin. Aber im Prinzip und ausweislich der Demoskopie hat
unser Otto eher als alle anderen bemerkt, dass das kein schlechter 
Kerl ist, dieser Köhler, der vor knapp fünf Jahren als "Horst wer?" 
ins Amt des Bundespräsidenten geschubst wurde. Spätestens seit 
gestern wissen nun auch die anderen, dass das eine ziemlich gute Wahl
war und dass die Bundesversammlung am 23.Mai ganz gut beraten
wäre, ihm das höchste Staatsamt für weitere fünf Jahre anzuvertrauen.
Nicht etwa weil Horst Köhler ein brillanter Redner wäre, im 
Gegenteil. Die rhetorischen Fertigkeiten des Präsidenten sind 
begrenzt. Er trägt seine Gedanken sehr nüchtern vor, liest ab, so 
spröde, dass man allzu lange geneigt war, die Ohren auf Durchzug zu 
stellen und nicht so genau hinzuhören. Wäre das anders gewesen, wäre 
die aktuelle Weltlage vielleicht auch eine andere.
Es gibt jedenfalls nicht viele studierte Wirtschaftswissenschaftler, 
von denen folgende Sätze überliefert sind: "Angesichts der 
kaskadenhaften Expansion der Finanzmärkte und ihrer Komplexität 
brauchen wir jetzt belastbare Antworten auf die Fragen: Wo liegen die
Risiken dieser Märkte? Wie können sie beherrschbar bleiben? Wer trägt
im Falle einer Krise letztendlich die Kosten?" Fragen, die Köhler in 
seiner Berliner Rede gestellt hat. 2007, nicht 2009. Fragen, die von 
der Bundesregierung, den sogenannten Experten, auch von den Medien 
offensichtlich überhört, nicht ernst genug genommen, zur Seite 
geschoben wurden. Horst wer? Sollte er doch reden, überzeugt hat er 
lange Zeit nicht.
Es ist gleichermaßen Zufall wie Vorteil, dass mit Horst Köhler jetzt,
in Zeiten der heraufziehenden Wirtschaftskrise, ein Mann im Schloss 
Bellevue residiert, der Ahnung hat von der Materie, dem man wenig 
erklären muss, der aber viel erklären kann. Was ihn aber heraushebt, 
was ihn authentisch macht und glaubwürdig, ist, dass er seine Reden 
nicht eilig umschreiben muss; dass er nur das zu sagen braucht, was 
er schon immer gesagt hat. Vielleicht nicht eindringlich, nicht laut 
genug, nicht ausreichend insistierend, das mag man kritisieren. Aber 
zuhören wird man ihm jetzt hoffentlich. Spätes Lob allein, wie 
gestern aus allen Parteien, wäre nur wohlfeil.
Hören wir also hin, welche Schlüsse Köhler aus der Krise gezogen 
sehen will: keine politischen Schaukämpfe, eigentlich 
selbstverständlich in solchen Zeiten, eigentlich. Internationalität, 
nicht nur bei der Restrukturierung der Finanzmärkte, keine nationale 
Nabelschau. Gemeinsamkeit, gerade innerhalb der EU, kein 
Protektionismus, kein "Rette sich, wer kann". Stattdessen: Verzicht 
zugunsten der ärmeren Länder, Abschied vom Prinzip des Wohlstands 
durch Wachstum um jeden Preis, von der Unsitte, fett zu leben auf 
Kosten anderer. Anstand. Demut. Achtsamkeit.
Vielleicht sollte jemand Gesine Schwan mal darauf hinweisen, dass man
Kandidaturen auch zurückziehen kann.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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