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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zur politischen Stimmungslage in Deutschland:

Regensburg (ots)

Die SPD wittert nach dem doppelten Coup ihres Chefs Morgenluft: Erst katapultierte Sigmar Gabriel die Sozialdemokraten in lange nicht mehr erlebte Umfragehöhen, indem er Martin Schulz aufs Schild der Genossen hob. Dann setzte Gabriel der Kanzlerin Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsidenten vor die Nase, obwohl sie eigentlich einen anderen favorisierte. Angela Merkel muss zwei schwere Schläge innerhalb kurzer Zeit einstecken, während ihre Gegner bereits vom Regierungswechsel träumen. Die Wahl eines Staatsoberhaupts kann ein starkes machtpolitisches Signal aussenden. Als Horst Köhler 2004 zum Bundespräsidenten gewählt wurde, sahen führende Unionspolitiker die Zeit für einen Regierungswechsel gekommen. Ein Jahr später löste Angela Merkel tatsächlich den Agenda-Kanzler Gerhard Schröder ab. Der SPD blieb damals die Rolle als Juniorpartner in der Regierung. Ob Steinmeiers Wahl nun zum Menetekel für Merkel und zum Zeichen für Rot-Rot-Grün wird, muss schon aufgrund der aktuellen Umfragen bezweifelt werden. Zwar legte die SPD wegen des Schulz-Effekts auf knapp 30 Prozent zu und ist damit der Union so dicht auf den Fersen wie seit Jahren nicht. Dennoch wird es für eine Koalition mit stagnierenden Linken und schwächelnden Grünen rein arithmetisch nicht reichen. Auch für CDU und CSU wird eine Regierungsbildung schwierig. Im Augenblick sieht alles danach aus, dass es nach der Bundestagswahl mit einer zweistelligen AfD und einer wiedererstarkten FDP zu einem Sechs-Parteien-Parlament kommen wird. Das würde die Machtoptionen der Union deutlich beschneiden. Realistisch wäre dann wohl nur eine Neuauflage von Schwarz-Rot. Es scheint, dass Union und SPD zur großen Koalition verdammt sind - eine Konstellation, die nicht gerade für politischen Aufbruch steht. Hier rächt sich die Wadlbeißerei der CSU, die Merkels Wunschkandidaten für das Bundespräsidentenamt verhinderte. Die Kanzlerin favorisierte den Grünen Winfried Kretschmann, weil von ihm ein Signal für Schwarz-Grün ausgegangen wäre - für Horst Seehofer ein rotes Tuch. Er beharrte auf einem eigenen Unionskandidaten. Doch die Suche gestaltete sich trotz geeigneter Leute wie Norbert Lammert unerwartet schwierig. Lieber schluckte Seehofer die Kröte Steinmeier, als den schwarzen Grünen aus dem Südwesten mitzutragen. Doch damit blockiert die CSU auch die Option auf eine Jamaika-Koaltion mit den Liberalen als drittem Partner. Man darf gespannt sein, wie sich die begrenzten Regierungsmöglichkeiten im Bund auf die heiße Phase des Wahlkampfs auswirken. Die Aussicht auf eine Neuauflage der Koalition trägt jedenfalls bislang nicht zur Mäßigung und gegenseitiger Rücksichtnahme bei. Einen Vorgeschmack geben die jüngsten Angriffe aus der Union auf den SPD-Kanzlerkandidaten. Finanzminister Wolfgang Schäuble nannte Schulz einen Dampfplauderer und warf ihm Wahlkampfmethoden wie von Donald Trump vor. Die SPD wiederum warnt die Union zurecht vor Schmutzkampagnen, die nur der AfD nützten. Ein vergifteter Wahlkampf würde nur den Blick auf die politischen Inhalte verstellen. Dabei verspricht es durchaus Spannung, ob es CDU und CSU schaffen, mit ihrem härteren Kurs in der Asylpolitik Wähler zurückzugewinnen. Genauso interessant ist die Frage, ob es Schulz gelingt, die SPD wieder glaubhaft als Partei der sozialen Gerechtigkeit zu verkaufen. Gleichzeitig muss er in Zeiten von Trump, Wilders und Le Pen erklären, was er außenpolitisch anders machen würde als Merkel. Denn nur dann kann er die Euphoriewelle, die ihn im Augenblick trägt, auch in zählbare Wählerstimmen verwandeln.

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