Mehrheit der Deutschen fürchtet: ohne Impfung kein Ende der Pandemie
Wiesbaden (ots)
Was kommt nach Omikron? Mehr als jeder zweite Deutsche hat Angst davor, dass es immer neue Corona-Wellen gibt, bis alle geimpft sind. Dabei ist das Vertrauen in die Arbeit der Politiker eher gering. Überraschend: Es herrscht wieder mehr Wirtschaftsoptimismus. Das zeigt eine Sonderbefragung zur R+V-Studie "Die Ängste der Deutschen" im Januar.
Dritte Sonderbefragung zu Corona-Ängsten
Seit 30 Jahren untersucht das Infocenter der R+V Versicherung jeden Sommer mit der Langzeitstudie "Die Ängste der Deutschen" die Sorgen der Bundesbürger rund um Politik, Wirtschaft, Umwelt und Gesundheit. In der Pandemie hat die R+V ihre Studie jetzt zum dritten Mal um eine Sonderumfrage zu den Corona-Ängsten ergänzt. Für die repräsentative Onlinebefragung unter 1.083 Bürgern wurden vier Themen aus der Standardumfrage ausgewählt, die in der Pandemie große Bedeutung haben. Aktuell hinzugekommen ist eine neue Frage. "Im zweiten Winter der Pandemie hat uns interessiert: Haben die Deutschen Angst vor Corona-Endlosschleifen ohne durchgängigen Impfschutz?", sagt Grischa Brower-Rabinowitsch, Leiter interne und externe Kommunikation bei der R+V. "Impfen ist ein kontroverses Thema, das sieht man auch an den Debatten im Bundestag. Wir wollten wissen, wie die aktuelle Stimmung in der Bevölkerung ist."
Angst vor immer neuen Corona-Wellen
Das Ergebnis: Neue Virusvarianten und stark steigende Infektionszahlen lassen die Deutschen nicht kalt. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) befürchtet, dass es immer neue Corona-Wellen gibt, bis alle geimpft sind. Das ist der höchste Wert der aktuellen Sonderbefragung. Schon bei der Zwischenumfrage vor einem Jahr hatten die Deutschen mehrheitlich Angst davor, dass die Pandemie ohne Impfung nicht endet. Damals fürchteten fast 60 Prozent, dass es als Konsequenz immer wieder Lockdowns gibt. "Die Einschätzung, dass nur die Impfung weitere Corona-Wellen verhindern kann, ist sehr realistisch", sagt Professor Dr. Manfred G. Schmidt. Er ist Politikwissenschaftler an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und begleitet die R+V-Studie seit rund zwei Jahrzehnten. "Angesichts des Infektionsgeschehens in den vergangenen Monaten wäre ein anderes Urteil ziemlich blauäugig."
Mit den Fallzahlen wächst die Angst vor Infektion
Auch das Infektionsrisiko löst Ängste aus. 43 Prozent aller Befragten befürchten, dass das Coronavirus sie selbst, ihre Familie oder Freunde trifft. Bei der Standardumfrage im Sommer waren es noch 35 Prozent. "Was auffällt: Wenn die Fallzahlen auf Rekordwerte klettern, wachsen auch die Ängste vor einer Infektion", sagt Brower-Rabinowitsch. "Im Winter ist diese Sorge deutlich ausgeprägter als im Sommer." Bei der Zwischenumfrage vor einem Jahr, als der Impfstoff noch neu war, hatte fast jeder Zweite (48 Prozent) Angst vor der Ansteckung. "Mich beunruhigt diese Entwicklung", erklärt Prof. Schmidt. "Ich vermute, dass hinter den geringeren Zahlen in der aktuellen Umfrage eine gewisse Sorglosigkeit angesichts der höheren Impfquote steckt."
Wenig Vertrauen in die Arbeit der Politiker
Knapp die Hälfte der Befragten (49 Prozent) befürchtet, dass die Politiker von ihren Aufgaben überfordert sind. Das sind acht Prozentpunkte mehr als bei der regulären Umfrage im Juli 2021. "Hier zeigt sich wieder einmal: Die Bürger sind unzufrieden mit der Arbeit ihrer Politiker", sagt Prof. Schmidt. Der Politikwissenschaftler erklärt, weshalb das Urteil der Befragten angesichts der öffentlichkeitswirksamen Corona-Proteste und Debatten um eine Impfpflicht nicht noch strenger ausfällt: "Ungeachtet aller Kritik sieht die große Mehrheit der Bevölkerung die Politik der Corona-Bekämpfung als erforderlich an. Die Demonstrationen sind Bekundungen von Minderheiten."
Wirtschaft: Zeichen stehen auf Wachstum
Die Angst vor einem Einbruch der deutschen Wirtschaft nimmt deutlich ab. Nur noch 38 Prozent der Befragten (minus 21 Prozentpunkte) befürchten eine Rezession. Das ist die größte Veränderung im Vergleich zur Zwischenumfrage im Winter 2021. "In Deutschland herrscht Wirtschaftsoptimismus", erklärt Prof. Schmidt. "Dieser nährt sich aus der Überzeugung, dass die pandemiebedingte Schrumpfung der Wirtschaft vorüber ist und 2022 die Zeichen auf Wachstum stehen."
Geschürt wird der Wirtschaftsoptimismus auch durch eine insgesamt positive Arbeitsmarktbilanz. "Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten war im dritten Quartal 2021 mit 34,37 Millionen höher als je zuvor. Die Arbeitslosenquote ist schon fast wieder auf dem niedrigen Niveau wie von vor Beginn der Pandemie", sagt der Politikwissenschaftler. Für ihn deshalb kaum überraschend: Nur knapp jeder fünfte Befragte (19 Prozent) fürchtet, dass er seinen Job verliert. Das ist die geringste Angst der aktuellen Sonderbefragung.
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