Kostenlose Emissionszertifikate belasten Haushalt und Umwelt // Greenpeace kritisiert Milliardensubventionen an die Industrie
Hamburg (ots)
Berlin, 9. 11. 2005 - Die kostenlose Vergabe von CO2-Emissionszertifikaten an die Energiekonzerne kommt einer Industriesubvention gleich. Dies prangert Greenpeace heute in einem offenen Brief an die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel, SPD-Chef Franz Müntefering und die neuen Mitglieder des Bundestages an. Diese Milliardengeschenke setzen nach einer Greenpeace-Analyse falsche Marktsignale, verzerren den Wettbewerb und behindern effektiven Klimaschutz. Greenpeace fordert, die CO2-Emissionszertifikate nicht mehr kostenlos zu vergeben, sondern an die Industrie zu versteigern. Das würde für die Energiekonzerne Anreize schaffen, den CO2-Ausstoß deutlich zu verringern.
"Es ist absurd, bei den Koalitionsverhandlungen jeden Cent zweimal umzudrehen, aber gleichzeitig auf Milliarden Euro Einnahmen zu verzichten", erklärt Greenpeace Energieexperte Karsten Smid. "Natürlich wollen die Energiekonzerne weiterhin mit Klimazerstörung Milliarden verdienen. Dafür darf sich die neue Regierung aber nicht benutzen lassen."
Die Industrie in Deutschland erhielt 2005 bei einem durchschnittlichen Zertifikatepreis von 21 Euro pro Tonne Kohlendioxid Verschmutzungsrechte im Wert von 10,5 Milliarden Euro geschenkt. Davon hätten nach geltendem EU-Recht fünf Prozent versteigert werden können. Selbst auf diese Einnahmen hat die Bundesregierung jedoch verzichtet. Greenpeace fordert, die Zertifikate komplett zu versteigern, ähnlich wie bei den UMTS-Lizenzen. Dazu muss die EU-Emissionsrichtlinie umgehend überarbeitet werden. Laut Ergebnispapier der Koalitionsarbeitsgruppe "Wirtschaft und Technologie" planen CDU/CSU und SPD hingegen, die Kostenbelastung der Industrie durch den CO2-Emissionshandel weiter zu senken.
Außerdem profitieren von der kostenlosen Vergabe von Emissionszertifikaten gerade die klimaschädlichsten Energieformen am meisten. "Die größten CO2-Schleudern, nämlich die Braunkohlekraftwerke, werden so zu puren Gelddruckmaschinen auf Kosten der Steuerzahler. Kein verantwortungsbewusster Politiker kann diesen volkswirtschaftlichen und ökologischen Unsinn weiterführen wollen", so Smid.
Zur Zeit üben Energiekonzerne wie RWE massiven Druck auf die Politik aus, um die kostenlose Vergabepraxis auch in Zukunft festzuschreiben. Erst am Montag hatte die Stromwirtschaft offen an die Bundesregierung appelliert, die Emissionsrechte nicht weiter zu verknappen. In den nächsten Jahren müssen viele neue Kraftwerke gebaut werden. Denn nur die kostenlose Zuteilung von Verschmutzungsrechten macht klimazerstörende Braunkohlekraftwerke profitabel. Dies gilt als erstes für das geplante neue Braunkohlekraftwerk in Neurath bei Köln. RWE hatte den Bau des umstrittenen Kraftwerks an eine Zusage für kostenlose Emissionszertifikate geknüpft.
Achtung Redaktionen: Rückfragen bitte an Karsten Smid, Tel. 0171-87 80 821 oder an Pressesprecherin Carmen Ulmen, Tel. 0171-87 80 840. Eine Analyse "Fehlentwicklungen beim Emissionshandel" sowie weitere Hintergründe zum Emissionshandel sind erhältlich. Internet: www.greenpeace.de/stromkonzerne.
Original-Content von: Greenpeace e.V., übermittelt durch news aktuell