Harald Wolf: "Gysi hätte Diskussion um Stasi-Vergangenheit
durchgestanden"
Frank Steffel: "Gysi hat erste Gelegenheit zum
Abgang genutzt"
Berlin-Bonn (ots)
Sybill Klotz: "Kritik verträgt Gregor Gysi gar nicht gut."
Markus Lindner: "Gysis Rücktritt ist eine Flucht, ein Notausgang."
Im Anschluss an die Pressekonferenz der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zum überraschenden Rücktritt des Wirtschaftssenators Gregor Gysi am gestrigen Abend haben die Fraktionsvorsitzenden aller im Roten Rathaus vertretenen Parteien dem Fernsehsender PHOENIX Interviews gegeben.
Der PDS-Fraktionschef in Berlin, Harald Wolf, sagte: "Ich finde, dass es eine politisch falsche Entscheidung gewesen ist, wegen der Bonusmeilen zurück zu treten." Er dementiert aber die Vermutung der Opposition, Gysi sei amtsmüde gewesen, und erklärte: "Gysi hat Spaß an seiner Aufgabe gehabt und konnte erste Erfolge präsentieren." Er habe diese Aufgabe sehr ernst genommen. Auch dem Verdacht, Gysi sei wegen des Berichts der Birthler-Behörde zur Überprüfung der Berliner Senatoren und Abgeordneten, der gestern vorgelegt wurde, abgetaucht, widersprach Wolf: " Er war in der Stasi-Überprüfung kampfbereit, in diesem Punkt hat er immer gern und erfolgreich gekämpft."
Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus Berlin, Frank Steffel, sagte zu PHOENIX: "Mich hat nicht überrascht, dass Herr Gysi keine Lust mehr hatte, in diesem Senat mitzuarbeiten." Er kritisierte den Anlass des Rücktritts, der den Abgang eines Regierungsmitglieds nicht rechtfertige. Steffel forderte von Gysi, sich "seinen Wählerinnen und Wählern zu erklären." Laut Steffel hatte Gysi "keine Lust mehr auf Berliner Politik, das verbindet ihn mit Herrn Rexroth.
Er hat wahrscheinlich auch gemerkt, dass es in einem solchen Ressort nicht mit großen Sprüchen getan ist." Gysi habe die erste Gelegenheit genutzt zu gehen. Wer in Berlin Politik machen wolle, müsse laut Steffel die Ärmel hochkrempeln. Für Berlin sei jetzt eine drittklassige Lösung zu erwarten, falls die Ressorts nicht interfraktionell vertauscht werden und forderte, dass die Sozialdemokraten das Wirtschafts-Ressort besetzten.
Sybill Klotz, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis´90/ Die Grünen erklärte gegenüber PHOENIX: "Die Freimeilen waren nur ein Anlass. Gysi hat sich die Berliner Politik anders vorgestellt, denn Wirtschaftsenator ist ein harter Job.
Die Probleme seien so groß, dass das, was er so gerne mochte, dass ihn alle lieben, nicht möglich war. Dies ist kein Amt in dem man glänzen kann. Kritik verträgt Gregor Gysi gar nicht gut." Die Grünen-Politikern kritisierte Gysis Politik: "Er konnte seine Wahlkampfversprechen nicht erfüllen." Er habe vom Senatstisch regiert und mit den Betroffenen habe niemand geredet. Auch Klotz stellte fest, dass die Berliner Regierung sich nun in einer schweren Krise befinde und niemand in Sicht sei, der die Rolle Gysis ausfüllen könnte.
Markus Lindner, der FDP-Fraktionsvorsitzende sagte zu PHOENIX: "Gysis Rücktritt ist eine Flucht, ein Notausgang, um sich aus der Verantwortung zu stehlen." Laut Lindner war Gysi das Zugpferd, was übrig bleibt ist, sei "graue Mittelmäßigkeit, das ist nicht das, was die Wähler wollten." Auch der FDP-Chef im Berliner Abgeordnetenhaus beklagte, der Senat befinde sich nun in einer "großen Regierungskrise."
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