"EU-Reformvorschläge sind wenig schlüssig, überstürzt und fördern
Bürokratie"
VDAJ-Fragestunde mit DBV-Präsident Gerd Sonnleitner
Berlin (ots)
Den Vorschlägen von EU-Agrarkommissar Franz Fischler zum so genannten Midterm-Review der Agenda 2000 kann der Deutsche Bauernverband (DBV) wenig abgewinnen. Dies wurde erneut deutlich bei der Fragestunde des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) mit DBV-Präsident Gerd Sonnleitner in Berlin. "Nach unserer Auffassung sind die Vorschläge von Fischler zu den so genannten horizontalen Maßnahmen - Entkopplung, Modulation, Cross Compliance - und zu den wichtigsten Marktordnungen, vor allem Getreide und Milch, wenig schlüssig, sagte Sonnleitner am heutigen Donnerstag. In Teilen seien sie überstürzt und in hohem Maße bürokratiefördernd."
Der Europäische Rat hat im Oktober letzten Jahres auf der Basis einer Voreinigung zwischen Chirac und Schröder eindeutig festgehalten: Die in Berlin beschlossene Agenda 2000 gilt ohne wesentliche Abstriche bis ins Jahr 2006. Außerdem wurde ein finanzieller Planungshorizont bis zum Jahre 2013 festgelegt. Daran gemessen seien die Vorschläge zu Getreide und Milch, beginnend schon mit dem Jahre 2004, schlicht und einfach politische Illusion, urteilte Sonnleitner. Sie seien zudem politisch töricht, weil den neuen Mitgliedern aus Mittel- und Osteuropa jede Mitgestaltungsmöglichkeit genommen würde.
Die Vorschläge zur Entkopplung bei gleichzeitig verschärftem Cross Compliance und späterer Modulation sowie die rasche Einführung flächendeckender Beratungssysteme übersteigen nach Ansicht des Bauernverbandes die Möglichkeiten selbst bestorganisierter Verwaltungen in den EU-Mitgliedsstaaten. Allein bei Cross Compliance sollen 38 EU-Verordnungen und Richtlinien mit entsprechender nationaler Umsetzung jährlich kontrolliert und umgesetzt werden. Das sei schlicht und einfach nicht möglich, betonte der DBV-Präsident.
Der Deutsche Bauernverband erkennt sehr wohl an, dass die EU-Kommission durch die Verschiebung der Modulation auf das Jahr 2007 und die drastische Verringerung der geplanten Umverteilung auf die neuen Vorgaben des EU-Rates reagiert. Auch der Vorschlag, die Kappungsgrenze durch eine größenabhängige Gestaltung der Modulation zu ergänzen, geht für den DBV in die richtige Richtung. Und schließlich zeuge es von Realitätssinn, so Sonnleitner, dass die Finanzierung des Direktausgleichs bei neuen Reformschritten aus der vor handenen Finanzmasse kommen muss./..
Neue Vorschläge von Fischler zu Reformschritten in der Milchmarktordnung nannte der DBV-Präsident "nicht akzeptabel" für die deutsche Landwirtschaft. Erzeugerpreissenkungen bis zu 28 Prozent bei gleichzeitiger Aufstockung der Milchquote um fast 5 Prozent und nur unzureichenden Ausgleichszahlungen ließen bei den Milchbauern die Alarmglocken schrillen. Mit diesen Vorschlägen bringe die EU-Kommission ihr eigenes WTO-Konzept durcheinander und schwäche damit die Position der Blue Box, die für die europäischen Bauern so wichtig sei. Die Blue Box heiße doch nichts anderes als Aufrechterhaltung eines angemessenen Außenschutzes und Mengenzurückhaltung im Binnenmarkt.
Auch die Vorschläge zu Getreide schießen für den Berufsstand weit über das Ziel hinaus. Gerade im Erntejahr 2002/2003 wurde deutlich, dass der europäische Getreidemarkt faktisch nicht mehr vom Weltmarkt zu unterscheiden ist. Deshalb mache es gar keinen Sinn, die bestehenden Interventionsbedingungen weiter abzusenken oder zu verschärfen. Auch sei es nicht hinnehmbar, die Roggenintervention ersatzlos zu streichen. Wichtiger wäre es da, die Vorschläge für nachwachsende Rohstoffe, für Eiweiß-Produkte und die Stärkekartoffeln weiter auszubauen.
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