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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Clement

Bielefeld (ots)

Die Woche fing schlecht an für die deutsche
Politik, sie endet im Desaster. Erst am Montag die neuesten Zahlen 
zum Mitgliederschwund der beiden Volksparteien und gestern nun 
Wolfgang Clements Rauswurf aus der SPD.
 Die Sozialdemokraten scheinen endgültig nicht mehr zu retten zu 
sein. Die Art und Weise, wie sich die stolzeste und 
traditionsreichste Partei dieses Landes selbst zerlegt, ist 
beispiellos in der deutschen Geschichte. Dass eine Schiedskommission,
an den Parteizentralen in Düsseldorf und Berlin vorbei, mal eben so 
den ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten und späteren 
Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister vor die Tür setzt, kommt einem
politischen Erdbeben gleich.
 Vor allem, wenn man an die Streitsache denkt. Zweifellos war es aus 
Sicht der SPD »parteischädigendes Verhalten«, dass Clement indirekt 
von der Wahl der hessischen Spitzenfrau Andrea Ypsilanti abriet. 
Mindestens genauso parteischädigend, sogar staatsschädigend ist es 
jedoch aus Clements wirtschaftspolitischer Sicht, dass Andrea 
Ypsilanti sowohl Kernkraftwerke als auch den Bau neuer 
Kohlekraftwerke rigoros ablehnt und ausschließlich auf regenerative 
Energien setzen will.
 Welchem Lager auch immer man in dieser Frage folgen mag, eines ist 
gewiss: Aus einem Streit um die Richtung der Energiepolitik den 
Parteiausschluss eines Wolfgang Clement herzuleiten, ist maßlos 
übertrieben. Oder, um es mit den Worten von Bundesumweltminister 
Sigmar Gabriel zu sagen: »Wenn wir jeden, der mal Blödsinn erzählt 
oder uns Probleme macht, ausschließen, dann wird's auf die Dauer 
einsam.«
Einsam dürfte es in den nächsten Tagen auch um die SPD-Granden 
werden. Diese gaben gestern allesamt ein bemitleidenswertes Bild ab. 
NRW-Landeschefin Hannelore Kraft erklärt sich leichenblass und ganze 
drei Minuten lang, Fragen beantwortet sie erst gar keine. 
Generalsekretär Hubertus Heil ruft zur Besonnenheit auf, was immer 
das heißen mag. Und der SPD-Vorsitzende Kurt Beck bleibt bis in den 
Abend hinein auf Tauchstation. Hilflosigkeit - so weit das Auge 
reicht.
 Noch ist der Parteiausschluss nicht endgültig. Wolfgang Clement wird
Berufung einlegen. Egal aber, ob sein Anwalt, der ehemalige 
SPD-Bundesinnenminister Otto Schily, Erfolg hat oder nicht, der 
Schaden für die SPD dürfte kaum zu reparieren sein.
Eine SPD, die schon seit längerem beinahe jeden zu opfern bereit ist,
der Anteil an der schmerzvollen, aber eben auch wirksamen 
Agenda-Politik hatte.
 Eine SPD, die nun auch den offenen Streit um den richtigen Weg und 
damit eine ihrer größten Stärken aufgibt. Eine SPD, die eine 
Linientreue fordert, die an Selbstaufgabe grenzt.
 Eine SPD, die sich und das ganze Parteiensystem immer weiter nach 
links verschiebt. Eine SPD, die konzept-, kraft- und führungslos der 
Linken und ihren Predigern Oskar Lafontaine und Gregor Gysi 
hinterherläuft.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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