Artenschutznovelle gefährdet streng geschützte Tierarten
Berlin (ots)
Deutsche Umwelthilfe fordert Vertreter der Bundesländer im Bundesrat auf, geplante Änderung im Bundesnaturschutzgesetz abzulehnen - Geschützte Arten wie Fischotter und Kegelrobbe geraten ungerechtfertigt ins Fadenkreuz - DUH fordert langfristige, konstruktive Lösungen im Umgang mit Wildtieren
Am Freitag, 28. Juni 2019, berät der Bundesrat über die von der Bundesregierung geplante Artenschutznovelle. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ruft die Vertreter der Länder im Bundesrat auf, die darin enthaltene Änderung des Paragraphen 45 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) abzulehnen. Durch diese Änderung sind nicht nur der Wolf, sondern auch andere streng geschützte Tierarten wie Fischotter und Kegelrobbe betroffen. Sie könnten künftig leichter "letal entnommen", also abgeschossen werden.
In der Gesetzesbegründung der geplanten Änderung des Paragraphen 45 im BNatSchG werden andere Tierarten an keiner Stelle ausdrücklich genannt. Sie sind jedoch von der Formulierung des Paragraphen 45 Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG "zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger ernster Schäden" miterfasst. Die DUH sieht mit dieser Öffnungsklausel geschützte Tierarten in Gefahr. Auch hat die DUH erhebliche Zweifel, dass die Formulierung 'sonstige ernste Schäden' die Rechtssicherheit erhöht. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband befürchtet, dass hiermit die Erteilung von Ausnahmen von den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten erleichtert wird.
"Die Bundesregierung ist dem Schutz von Arten und Lebensräumen verpflichtet. Mit der geplanten Gesetzesänderung würden jahrelange Erfolge des Naturschutzes wieder zunichtegemacht", kritisiert Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD Gespräche über den Schutzstatus des Wolfs vereinbart, um eine aus ihrer Sicht "notwendige Bestandsreduktion" anzugehen. Im Koalitionsvertrag waren die in vorherigen Entwürfen genannten weiteren geschützten Arten wie Fischotter und Kegelrobbe wieder gestrichen worden, die jetzt über Paragraph 45 Abs. 7 durch die Hintertür wieder erfasst werden sollen. "Wir appellieren an die Politiker, den Schutz europaweit geschützter und nach Roter Liste deutschlandweit gefährdeter Arten ernst zu nehmen und die Änderung daher nicht mitzutragen", so Müller-Kraenner weiter.
Wo Wildtiere - oft nach langer Abwesenheit - zurückkehren, entstehen häufig Konflikte. Bei Ottern an Intensiv-Fischteichen oder bei Kegelrobben mit den Küstenfischern. Allzu schnell werden die Wildtiere dann zum Sündenbock für sinkende Fischbestände gemacht.
"Die Rückkehr von geschützten Arten wie Wolf, Kegelrobbe und Fischotter stellt uns vor Herausforderungen, die jedoch gemeinsam gemeistert werden können. Wir sollten mit diesen Wildtieren selbstbewusst und angstfrei umgehen und ihnen nach Jahrzehnten, ja teilweise Jahrhunderten Abwesenheit wieder einen Platz in unserer Kulturlandschaft einräumen, indem wir im Dialog langfristige, konstruktive Lösungen entwickeln, die für Mensch und Tier passen", plädiert Ulrich Stöcker, Abteilungsleiter Naturschutz und Biodiversität. "Über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds können erfreulicherweise inzwischen schon Kompensationsmaßnahmen für von Kegelrobben verursachte Schäden an Netzen gefördert werden. Genauso würden bessere Förderbedingungen für ökologisch wichtige Teichwirtschaften viel mehr helfen als Fang oder Tötung von Fischottern. Und bei Intensivteichwirtschaft kann durch Einzäunung mit Maschendrahtzaun, der mit Elektrolitzen versehen ist, Schaden vermieden werden."
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