CSU-Landesgruppe
Pressestelle
Berlin (ots)
In der heutigen Ausgabe des Straubinger Tagblatt wird nachfolgendes Interview mit dem Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Michael Glos, veröffentlicht:
Straubinger Tagblatt: Herr Glos, mit viel Mühe hat Bundesfinanzminister Hans Eichel seinen Etat 2004 erstellt. Hält er, was er verspricht und wie beurteilen Sie denn das Vorhaben, künftig auch die Rentner verstärkt zur Kasse zu bitten, ihnen nächstes Jahr eine Nullrunde abzuverlangen?
Michael Glos: Bundesfinanzminister Hans Eichel hat die vorläufigen Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2004 vorgelegt. Wenn Rot-Grün nunmehr die Rentenanpassung verschiebt und den Krankenversicherungsbeitrag der Rentner erhöht, dann zeigt das: Die hochgejubelte Rentenreform des früheren Ministers Riester hat sich schon zwei Jahre nach Inkrafttreten als Fiasko erwiesen. Trotz der 5- stufigen Ökosteuer und der saftigen Anhebungen sowohl der Beiträge als auch Bemessungsgrenze steuert unsere Rentenversicherung auf ein finanzielles Desaster auf dem Rücken der älteren Bevölkerung zu.
Straubinger Tagblatt: Was die Gegenfinanzierung des Vorziehens der dritten Stufe der Steuerreform anbelangt, so wird verstärkt die Kürzung der staatlichen Subventionen mit der Rasenmähermethode gefordert. Wäre dies auch für Sie ein gangbarer Weg? Welche Alternativen bieten sich an?
Michael Glos: Das Bundeskabinett will sich am Wochenende endgültig in der Frage eines Vorziehens der dritten Stufe der Steuerreform festlegen. An der CSU wird dieses Vorhaben nicht scheitern, wenn es auf einer seriösen finanziellen Grundlage aufbaut. Allein die jetzt vorliegenden Konturen des Bundeshaushaltes zeigen allerdings das Gegenteil. Rot-Grün weckt unerfüllbare Erwartungen. Eine Steuersenkung durch Ausweitung der Verschuldung ist nicht akzeptabel und würde erneut zu einem Bruch des europäischen Stabilitätspaktes führen. Länder und Gemeinden benötigen einen finanziellen Ausgleich, damit sie in der Lage sind, verfassungskonforme Haushalte vorzulegen. Und selbstverständlich darf ein Vorziehen der nächsten Reformstufe nicht durch Steuererhöhungen an anderer Stelle konterkariert werden. Was die Durchforstung von Subventionen betrifft, hat die so genannte Rasenmähermethode den Vorteil, dass von ihr alle Subventionsempfänger getroffen werden.
Straubinger Tagblatt: Stichwort Gesundheitsreform: Zwischen der Position der SPD, die das Krankengeld aus der solidarischen Versicherung herausnehmen will, und den Plänen der Union, die Kosten für den Zahnersatz zu privatisieren, besteht noch immer eine große Lücke. Wie könnte Ihrer Ansicht nach ein Kompromiss aussehen, der beide das Gesicht wahren lässt?
Michael Glos: Unionsparteien und Bundesregierung haben sich auf einen festen Zeitplan zur Erarbeitung eines gemeinsamen Reformkonzepts für die Gesundheitsversorgung verständigt. Auch wenn es noch erhebliche Unterschiede in einzelnen Sachpositionen gibt, sehe ich gute Chancen, dass wir am Ende zu einem tragfähigen Kompro- miss gelangen. Nachdem mit Horst Seehofer ein äußerst profilierter Kenner der Materie an der Spitze unserer Verhandlungsdelegation steht, wird eine Lösung am Ende auch die Handschrift der CSU tragen. Wie der Kompromiss im Einzelnen aussehen wird, muss den bevorstehenden Gesprächen vorbehalten bleiben. An Spekulationen will ich mich nicht beteiligen.
Straubinger Tagblatt: Im Zusammenhang mit dem Streik der IG Metall im Osten wird vielfach die Eindämmung der Macht der Gewerkschaft verlangt. Wie soll das bewerkstelligt werden? Kann man Margret Thatcher so einfach kopieren?
Michael Glos: Der Arbeitskampf in der ostdeutschen Metallindustrie hat dem Investitionsstandort Deutschland schwer geschadet. Der wirtschaftliche Aufholprozess im Osten hat einen erneuten Dämpfer erhalten. Viele Investoren werden sich nun die Frage stellen, ob sie nicht lieber gleich den Weg in die osteuropäischen EU- Beitrittsländer beschreiten. Mit ihrer auch in den eigenen Reihen umstrittenen Strategie schaufeln sich die Spitzenfunktionäre einiger DGB-Gewerkschaften ihr eigenes Grab. Um in Zukunft derart vernunftwidrige Tarifkonflikte zu vermeiden, ist es dringend erforderlich, das Tarifrecht aufzubrechen und Möglichkeiten für betriebsindividuelle Lösungen zu schaffen.
Straubinger Tagblatt: Angesichts der sich verändernden Aufgaben der Bundeswehr hat die Wehrpflicht noch einen Sinn?
Michael Glos: Die Wehrpflicht ist sicherheitspolitisch geboten, sie muss beibehalten und entsprechend den neuen Herausforderungen fortentwickelt werden. Wer wie Rot-Grün jedoch die Wehrpflicht zur Disposition stellt, muss sich der Konsequenzen, von einer schlechteren Nachwuchsgewinnung bis hin zu weiteren massiven Eingriffen in die Standorte, bewusst sein.
Wir brauchen vielmehr eine zeitgemäße Verteidigungsstruktur, die gemeinsam mit unseren Partnern auf die neue Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus eine passende Antwort geben kann, die aber auch den Schutz unserer Bevölkerung, unseres Landes und des Bündnisgebietes gewährleistet. Hierbei wird auch zukünftig die Wehrpflicht eine tragende Rolle spielen.
Straubinger Tagblatt: Wo hört bei der CSU die Kompromissbereitschaft im Streit um die Zuwanderung auf? Welche Kernbestimmungen müssen Ihrer Ansicht nach im neuen Gesetz enthalten sein?
Michael Glos: Kernforderung der CSU ist die wirksame Begrenzung des weiteren Zuzugs von Ausländern und eine spürbare Eindämmung des Missbrauchs unseres Asylrechts. Deutschland verkraftet angesichts von 7,3 Mio. hier lebender Ausländer und bei 4,6 Mio. Arbeitslosen keine weitere Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt und in die Sozialkassen. Aber statt ein wirksames Begrenzungsgesetz vorzulegen, will Bundesinnenminister Schily, z. B. mit der generellen Aufhebung des Anwerbestopps für ausländische Arbeitskräfte, in unverantwortlicher Weise die Schleusen für mehr Zuwanderung öffnen. Damit hält Rot-Grün an alten Utopien fest und will Deutschland in ein multikulturelles Einwanderungsland verwandeln. Das werden wir nicht mitmachen.
Dies gilt auch für die rot-grünen Vorstellungen zum Asylrecht. Sollten sie Realität werden, käme eine neue Flut von Asylanträgen zu Lasten der Sozialkassen auf uns zu. Zudem kann es nicht sein, dass Asylbewerber unverändert Leistungen erhalten, obwohl vielen Bevölkerungsgruppen Einschnitte abverlangt werden.
Straubinger Tagblatt: Nicht nur die rot-grüne Bundesregierung, auch andere europäische Regierungen scheinen den Maastricht-Kriterien nicht mehr jene Priorität zuzumessen, wie es einst noch Kohl und Waigel praktizierten. Was wären die Folgen? Steht zu befürchten, dass der designierte EZB-Präsident Trichet diesen Trend noch verstärkt?
Michael Glos: Ich glaube nicht, dass die Regierungen der Euro-Zone die Maastricht-Kriterien bewusst in Frage stellen. Aber sie haben es versäumt, vor allem in den konjunkturell fetten Jahren, rechtzeitig die Weichen für eine spürbare Rückführung ihrer Haushaltsdefizite zu stellen. Nun stehen sie mit dem Rücken zur Wand und müssen durch schmerzhafte Operationen versuchen, die Haushalte wieder schrittweise in Ordnung zu bringen. Würde der europäische Stabilitätspakt grundsätzlich in Frage gestellt, hätte dies fatale Folgen für die Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik im Euroraum. Negative Folgen für die Stabilität des europäischen Währungssystems wären vorprogrammiert.
Der französische Notenbankpräsident Trichet hat sich im Übrigen im Verlauf der 90ziger Jahre als Anhänger einer klaren Stabilitätspolitik hervorgetan. Er hat Theo Waigel maßgeblich bei der Konzipierung des Stabilitätspaktes unterstützt.
Straubinger Tagblatt: Findet der Entwurf des EU-Konvents, der die Grundlagen einer europäischen Verfassung ausarbeitet, ihre ungeteilte Zustimmung? Wenn nicht, was müsste nachgebessert werden?
Michael Glos: Die bisherigen Ergebnisse eines europäischen Verfassungsvertrages zeigen in die richtige Richtung. Wichtige Ziele der CSU konnten eingebracht werden von der Kompetenzabgrenzung über den Wertebezug bis hin zur Stärkung des Subsidiaritätsprinzips. Wichtige Punkte sind aber aus unserer Sicht noch offen, so zum Bei- spiel die Festlegung des Klagerechts, die Ausgestaltung der EU- Finanzen, die Regelungen im Bereich der Einwanderung und des Zugangs zum Arbeitsmarkt sowie die Abgrenzungen der so genannten Binnenmarktklausel. Ich persönlich hätte mir auch gewünscht, dass im Verfassungsvertrag die Außengrenzen der EU geregelt werden.
Straubinger Tagblatt: Im Bemühen, die richtigen Lösungen für die dringend anstehenden Reformen zu finden, gab und gibt es bisweilen noch in der Union einen vielstimmigen Chor, den der CDU- Wirtschaftsrat als Meinungsdesaster brandmarkte. Kann man, wie es der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach tat, diesen Streit in den Sachfragen auch als Beleg für die ungelöste Machtfrage interpretieren? Im Klartext: Wer hat in der Union gegenwärtig die Hosen an?
Michael Glos: Wie in allen demokratischen Parteien gibt es in CDU und CSU wie auch zwischen den beiden Unionsparteien Diskussionen über die Festlegung gemeinsamer und überzeugender Sachpositionen. Im Gegensatz zu Rot-Grün ist es uns jedoch überzeugend gelungen, eine die Bürger verunsichernde Kakophonie zu verhindern. Die Führungsspitzen von CDU und CSU stimmen sich in regelmäßigen Kontak- ten in allen wichtigen Sachfragen ab. Eine ungelöste Machtfrage vermag ich nicht zu erkennen. CDU und CSU sind selbständige Parteien, die auf Bundesebene eine Fraktionsgemeinschaft bilden und die auch in Zukunft das große Sammelbecken der bürgerlichen Mitte bilden. Wir werden uns auch in der Frage des Vorziehens eines SPD-gemachten Steuerreformschrittes nicht aufs Glatteis führen lassen und geschlossen agieren.
Straubinger Tagblatt: Herr Glos, als CSU-Landesgruppenchef sind Sie nunmehr schon zehn Jahre im Amt. Als Meister des begrenzten Konflikts bringen Sie das Kunststück fertig, schon mit Andeutungen und scheinbar belanglosen Nebensätzen Politik zu machen. Mit welchen Schritten auf dem heißen politischen Parkett werden Sie demnächst ihre politischen Freunde und Gegner überraschen?
Michael Glos: Bezüglich konkreter Aussagen über meine weiteren Schritte auf dem heißen politischen Parkett muss ich Sie leider enttäuschen. Überraschungen kann man nicht ankündigen. Die parlamentarische Sommerpause steht bevor. Und wie jedes Jahr werde ich hier Schritte in meinem Wahlkreis unternehmen und zusammen mit einigen Freunden zu einer Wahlkreiswanderung starten. Sollte sich auf dieser Wanderung ein heißes Parkett eröffnen, werden wir dem sicherlich mit einer angemessenen Portion Frankenwein und Mineralwasser zu begegnen wissen.
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